Deinem Hund die Krallen schneiden, wenn er Angst hat

Eine braune Hundepfote zwischen zwei Menschenhänden, die die Pfote vorsichtig mit den Fingerspitzen halten

Lange Krallen kürzen – dieses leidige Thema

Wir möchten dir als erstes erklären, warum es sein kann, dass du die Krallen deines Hundes überhaupt kürzen solltest. Und wann du dich entspannt zurücklehnen und dich gar nicht mit dem Thema beschäftigen musst. Denn gerade wenn dein Hund davor Angst hast, überlegst du bestimmt tausend Mal, ob du das jetzt wirklich machen und ihm oder ihr antuen musst. Deshalb soll es hier erstmal darum gehen, zu beurteilen, ob Krallenschneiden denn wirklich nötig ist bei euch. Am Ende des Artikel teile ich drei wichtige Ressourcen, die dir helfen können, dass Krallenschneiden auch mit ängstlichem Hund anzugehen. Und zwar ganz ohne Zwang, Druck und Gewalt!

Warum Krallenkürzen für dich wichtig sein kann

Läuft ein Hund sich nicht von selbst die Krallen kurz?

Ja, im Idealfall tut er das, wenn dein Hund einen idealen Körperbau hat und keine orthopädischen Fehlstellungen, wie z. B. eine Patellaluxation, eine Hüftgelenkdysplasie, eine Ellenbogendysplasie usw..

Wenn das bei dir der Fall ist, dann gratulieren wir dir und können dir sagen, du kannst dich getrost zurücklehnen und brauchst dich mit dem Thema erstmal nicht weiter zu befassen.

Das führt uns jedoch schon zur nächsten Frage:

Und woran erkenne ich jetzt, ob die Krallen zu lang sind?

Wenn dein Hund mit allen vier Beinen auf glattem Boden steht und dabei die Krallen den Boden berühren, so dass kein Blatt Papier mehr dazwischen passt, dann sind die Krallen zu lang. Die Aussage, dass man die Krallen deines Hundes beim Laufen auf hartem Boden nicht hören darf, ist wiederum nicht richtig. Denn das kommt immer darauf an, wie dein Hund die Pfoten aufsetzt.

Ja, gut. Sie sind zu lang. Aber warum ist das schlimm?

Die Kralle deines Hundes ist der Endpunkt einer Reihe von Knochen in der Pfote. Ähnlich wie bei uns Menschen die Finger zusammengesetzt sind aus mehreren Knochen, ist dies auch bei unseren Hunden der Fall. Dabei setzt die Kralle direkt am letzten Knochen, dem sogenannten Krallenbein an. Das hat von Natur aus einen bestimmten Winkel, mit dem es zum Zehengelenk steht. Wenn nun die Kralle zu lang ist, ändert sich dieser Winkel und das Gelenk wird stärker belastet als vorgesehen. Durch diese stärkere Belastung entstehen Verspannungen in der Muskulatur, die versucht, diese Belastung zu verringern und es kann Arthrose im Gelenk entstehen. Beides kann dann Schmerzen verursachen.

Okay, verstanden. Dann lass ich meinen Hund jetzt mehr auf Asphalt laufen. Das soll die Krallen ja stärker abnutzen.

Das ist grundsätzlich erstmal ein guter Gedanke. Und für Krallen, die noch nicht allzu lang sind, relativ weich und eher in der Mitte der Pfote liegen, klappt das auch ganz gut. Wenn die Krallen aber schon eine gewisse Länge erreicht haben, womöglich auch schon aufgrund dieser Länge verbogen sind oder einfach sehr hart sind, klappt das nicht. Da müssen wir Menschen ein wenig nachhelfen.

Das sind Gründe, warum deinem Hund das Krallenkürzen unangenehm sein kann

Die Pfote des Hundes ist ein sehr empfindliches Körperteil

Sie besteht aus mehreren Teilen:
– den Krallen
– den Zehen mit Zehengelenken
– den Pfotenballen
– den Zwischenräumen zwischen den Zehen

Die Statik und der Aufbau der Hundepfote

Der Hund läuft, anders als wir Menschen, auf seinen Zehen. In der letzten Mail habe ich ja schon erklärt, dass der Hundefuß aus mehreren Zehengelenken besteht, die die Zehenknochen miteinander verbinden.
Wenn wir uns jetzt z. B. unsere Hand anschauen, dann können wir uns vorstellen, dass beim Hund nur das letzte Glied unseres Fingers auf dem Boden auftritt, also der Teil, an dem die Fingernägel sind. Der Rest unseres Fingers ist damit in der Luft und mehr oder weniger senkrecht über den anderen Zehenknochen. Und an diesem Zehenknochen hängt die Kralle dran.

Lange Krallen können Schmerzen verursachen

Wenn da jetzt eine zu lange Kralle dran ist, verändert das die Winkel in den Gelenken. Und darauf reagiert die Muskulatur, die anspannt, um diesen Missstand auszugleichen. Verspannte Muskulatur, das kennst du wahrscheinlich auch selbst, tut ziemlich weh. Und damit haben wir schon mal einen Punkt gefunden, warum deinem Hund das Krallenschneiden unangenehm sein könnte. Denn wenn du die Pfote festhältst und dein Hund vielleicht versucht, sich aus deinem Griff zu befreien, wird an diesen schmerzhaften Muskeln gezogen. Und beim nächsten Mal, wenn du mit deiner Hand in die Nähe der Pfote kommst, reagiert dein Hund schon mal sicherheitshalber mit Pfote-Wegziehen. Oder wenn’s richtig fies weh getan hat, dann vielleicht sogar mit Schnappen.

Die Ballen – robust und sensibel zugleich

Aber auch wenn dein Hund keine Schmerzen in der Pfote hat, so ist die Pfote doch ein sensibles Körperteil. Die Ballen der Pfote sind gleichzeitig widerstandsfähig gegenüber allen Untergründen, auf denen unser Vierbeiner läuft und gleichzeitig nimmt der Hund darüber wahr, wie der Boden beschaffen ist. Vielleicht ist dir das schon mal aufgefallen, dass dein Hund, wenn der Boden nass ist, anders läuft als auf trockenem Boden.
Die Ballen der Pfote haben übrigens noch eine andere Funktion: Über sie schwitzt dein Hund, wenn ihm warm ist.

Kitzelig gibt’s natürlich auch

Und auch das kann natürlich sein: Bei der Empfindlichkeit der Pfoten kann dein Hund an den Pfoten auch kitzelig sein. Gerade die Pfotenzwischenräume sind ja mehr oder weniger voll mit Fell. Und das leitet Berührungen an die Haut darunter weiter. Ist dein Hund dort empfindlich, kann das auch unangenehm sein.

Kennt dein Hund es denn, an den Pfoten angefasst zu werden?

Für uns mag es ganz normal sein und zum Leben dazugehören, dass wir unseren Hund an allen Körperteilen anfassen. Wenn er als Welpe in unser Leben kommt, dann wird er das höchstwahrscheinlich auch direkt lernen. Andere Hunde, die schon älter sind, haben das möglicherweise nicht gelernt.
Das heißt, wir sollten ihm erstmal erklären, dass das eine normale Sache sein kann und ihn daran gewöhnen. Auch ich war, als Annie bei mir einzog, ambitioniert und wollte mich direkt an das Schneiden der zu langen Krallen begeben. Doch Annie kannte das überhaupt nicht und ich hab sie total damit überrumpelt. Das hat leider dazu geführt, dass Krallenschneiden jetzt erstmal ganz doof ist. Und wir da mit kleinen Schritten wieder das Vertrauen in die Situation zurückbringen müssen.

Lesetipp: Kooperatives Nägeltrimmen beim Hund

Kooperatives Krallenkürzen – Blogbeitrag von der Hundephilosophin Miriam Arndt-Gabriel

Miriam ist schon ein paar Mal im Podcast „Die Sprache der Tiere“ zu Gast gewesen, vielleicht kennst du sie von da schon. Als ich mit ihr über meine Übungswoche gesprochen habe, hat sie mir gesagt, ich könne ihren Blogartikel mit euch teilen. Darin beschreibt sie, wie sie mit ihrer Hündin Rike das Krallenschneiden trainiert hat. Sie zeigt damit, welche Wege es gibt, auf kooperative Art und Weise mit dem Hund das Krallenkürzen zu üben.
Ich konnte eine Menge mitnehmen aus diesem Artikel und hoffe, dass es dir genauso geht.

Kratzbrett – eine Möglichkeit, die Krallen zu kürzen

Anleitung und Einkaufsliste

Das Kratzbrett ist schnell und einfach gebaut und hat einen Materialpreis weniger als 15 Euro. Eine genaue Anleitung zum Bau findest du hier.

Die Einkaufsliste für mein eigenes Kratzbrett ist:

  • Leimholzplatte Naturwuchs (Maße 80 x 30 cm, Stärke 1,8cm)
  • 2x Schleifpapier (ca. 23 x 28 cm) in 80er Körnung
  • Doppelseitiges Klebeband zum Fixieren, z. B. UHU Doppelband

Der Zusammenbau ist wirklich einfach: Klebe auf eine Hälfte des Bretts das doppelseitige Klebeband so auf, dass du das Schleifpapier ganz am Rand damit festklebst. So sind die Kanten gut festgeklebt und es rollt sich nicht ab. Dann drück das Schleifpapier drauf und lass es kurz ruhen. Und schwupps: Fertig ist dein Kratzbrett!

Onlinekurs zum kooperativen Krallenkürzen

Nicole Stein, Verhaltenstierärztin und auch schon Gast im Podcast, hat einen Onlinekurs erstellt, mit dem du mit deinem Hund im eigenen Tempo das Krallenkürzen lernen kannst, ohne dass es eine:n Tiermediziner:in braucht oder zwei Menschen, die deinen Hund festhalten. Das Ziel ist stattdessen, dass dein Hund freiwillig mitmacht. Dass das geht, kannst du z. B. in diesem Video sehen.

Wenn dich der Kurs interessiert, dann gelangst du über diesen Link dorthin: https://medicaltraining24.de/kurse/krallen-kuerzen-beim-hund/
Den Onlinekurs empfehle ich dir von ganzen Herzen und ohne, dass ich davon finanziell profitiere.

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